Wichtige und grundlegende Entscheidungen werden in einer GmbH durch Gesellschafterbeschlüsse gefasst. Gerade Minderheitsgesellschafter und solche, die durch ein Stimmverbot von der Abstimmung ausgeschlossen sind, können dabei ein Interesse daran haben Beschlüsse auf ihre Rechtmäßigkeit hin gerichtlich überprüfen zu lassen. Zur Verfügung stehen ihnen hierfür die aus dem Aktienrecht entlehnte Anfechtungsklage und Nichtigkeitsklage (sog. Beschlussmängelklagen).
Nicht selten können sich Differenzen unter Gesellschaftern zu einem handfesten Gesellschafterstreit entwickeln, in dem ein Gesellschafter versucht, den anderen aus der Gesellschaft zu drängen. Da die wesentlichen Instrumentarien hierfür bei der Gesellschafterversammlung liegen, kommt dem korrekten Ablauf der Beschlussfassung eine elementare Bedeutung zu. Treten hierbei Mängel auf können diese mit der Anfechtungs- und der Nichtigkeitsklage geltend gemacht werden. Mangels vorhandener Regelungen im GmbHG wird dabei auf die Regelungen aus den §§ 241 ff. AktG zurückgegriffen.
Mit Hilfe der Anfechtungsklage kann ein Gesellschafter die Rechtswidrigkeit eines Gesellschafterbeschlusses gerichtlich feststellen lassen. Rechtswidrig ist ein Beschluss, wenn er gegen gesetzliche oder gesellschaftsvertragliche Regelungen verstößt. Mangels einer eigenen Regelung im GmbHG ist dabei § 246 AktG analog heranzuziehen. Besonderes Augenmaß ist hinsichtlich der Frist zur Erhebung der Anfechtungsklage zu beachten. Haben die Gesellschafter in der Satzung keine abweichende Regelung getroffen, beträgt die Frist zur Klageerhebung einen Monat seit Kenntniserlangung vom Beschlussinhalt. Klagebefugt sind nur Gesellschafter; die Geschäftsführer nur insoweit sie ebenfalls Gesellschafter sind. Eine Teilnahme an der Gesellschafterversammlung ist dabei nicht erforderlich. Ein Gesellschafter kann seine Befugnis zur Anfechtung allerdings verlieren, wenn er auf die Anfechtung verzichtet oder für den Beschluss gestimmt hat. Richtiger Beklagter ist stets die Gesellschaft selbst und nicht etwa ein oder mehrere andere Gesellschafter. Die Klage gegen einen Gesellschafter wäre dabei hingegen mangels sog. Passivlegitimation unbegründet. Ein Nachschieben von Anfechtungsgründen nach der Anfechtungsfrist ist grundsätzlich ausgeschlossen, soweit diese nicht bereits in ihrem wesentlichen Gehalt in die Klage eingeführt wurden.
Unliebsame Beschlüsse anzugreifen kann dabei im Rahmen eines Gesellschafterstreits insbesondere im Falle der unfreiwilligen Abberufung und Kündigung von Gesellschafter-Geschäftsführern Relevanz entfalten. So sollte ein Geschäftsführer nicht nur gegen die Kündigung seines Dienstvertrages vorgehen, sondern auch gegen die zugrundeliegenden Gesellschafterbeschlüsse für die Abberufung und Kündigung (Trennungsprinzip). Die Abberufung ist zwar grundsätzlich frei durch die Gesellschafterversammlung erklärbar, häufig lässt der Gesellschaftsvertrag jedoch die Abberufung des Geschäftsführers nur aus einem wichtigem Grund zu. Die entsprechende Klage muss folglich nicht nur gegen die Kündigung, sondern auch gegen die zugrundeliegenden Gesellschafterbeschlüsse gerichtet werden. Die Fehlermöglichkeiten für eine unwirksame Abberufung und Kündigung erhöhen sich damit noch einmal erheblich.
Die Nichtigkeitsklage dient wie die Anfechtungsklage zur Beantragung der gerichtlichen Feststellung der Unwirksamkeit von Gesellschafterbeschlüssen und stützt sich ebenfalls auf die analoge Anwendung von § 246 AktG. Ihr Unterschied zur Anfechtungsklage liegt lediglich in der Art des geltend gemachten Beschlussmangels. Beschlüsse können in Abhängigkeit der Schwere ihres Mangels lediglich anfechtbar oder bei gravierenderen Verstößen sogar gänzlich nichtig sein. Ist ein Beschluss nichtig, ist er von Beginn an für jedermann unbeachtlich und entfaltet grundsätzlich keine Rechtswirkungen. Leidet ein Beschluss dagegen unter einem Mangel, der ihn lediglich anfechtbar werden lässt, muss der Beschluss vom betroffenen Gesellschafter fristgemäß angefochten werden. Nichtige Beschlüsse unterliegen hingegen grundsätzlich keiner Klageerhebungsfrist. Das Recht zur Erhebung der Nichtigkeitsklage unterliegt allerdings dem Institut der Verwirkung aus § 242 BGB, weshalb die Klage dennoch bei Vorliegen eines im Einzelfall zu prüfenden Zeit- und Umstandsmoments verfristet sein kann.
Gesellschafterbeschlüsse können in manchen Fällen geheilt werden, womit der Beschlussmangel nachträglich unbeachtlich wird. Im Falle von Mängeln, die zur Anfechtbarkeit des Beschlusses führen sind hierbei insbesondere Einberufungsmängel zu nennen. Diese können geheilt werden, wenn sämtliche Gesellschafter anwesend sind (sog. Universalversammlung) und mit der Durchführung und Beschlussfassung in der Versammlung einverstanden sind, § 51 Abs. 3 GmbHG. Partizipations- und Informationsrecht, die lediglich einen einzelnen Gesellschafter benachteiligen können ebenso vom Betroffenen genehmigt werden gem. § 242 Abs. 1 AktG analog.
Nichtige Gesellschafterbeschlüsse können indes gem. § 242 AktG analog in Fällen von Beurkundungsmängel bei Satzungsänderungen geheilt werden, wenn der entsprechende Inhalt in das Handelsregister eingetragen und veröffentlicht wird. Ist ein eintragungspflichtiger Inhalt länger als drei Jahre lang im Handelsregister eingetragen, kann er gem. § 242 Abs. 2 S. 1 AktG analog ebenfalls geheilt werden.
Anders als bei Aktiengesellschaftern bedürfen Gesellschafterbeschlüsse in der GmbH grundsätzlich keiner ausdrücklichen Feststellung - sofern dies nicht abweichend im Gesellschaftsvertrag geregelt wurde. Anfechtungsklage und Nichtigkeitsklage sind jedoch nur dann die statthafte Klageart gegen Gesellschafterbeschlüsse, wenn diese verbindlich festgestellt wurden. Andernfalls müsste die (Un-)Wirksamkeit der Beschlüsse bei Bedarf mittels der allgemeinen Feststellungsklage (§ 256 ZPO) überprüft werden (=positive und negative Beschlussfeststellungsklage). Anders als bei der Anfechtungsklage ist bei Erhebung der allgemeinen Feststellungsklage keine mindestens einmonatige Frist zur Klageerhebung einzuhalten. Allerdings unterliegt die Möglichkeit zur klageweisen Feststellung den Grundsätzen der Verwirkung. Ebenso sind grundsätzlich nur verbindlich festgestellte Beschlüsse bis zu ihrer eventuellen gerichtlichen Aufhebung vorübergehend wirksam.
Die verbindliche Feststellung von Beschlüssen (= sog. Beschlussfeststellungskompetenz) kann dabei durch die Unterzeichnung des Beschlussprotokolls durch alle Gesellschafter ohne Widerspruch, durch notarielle Beurkundung oder durch den Versammlungsleiter erfolgen. Dieser übt damit nicht nur die Ordnungsgewalt in der Gesellschafterversammlung aus, sondern entscheidet grundsätzlich auch über die wichtige Frage der vorläufigen Wirksamkeit von Beschlüssen und die Rechtsschutzmöglichkeiten gegen Gesellschafterbeschlüsse. Hier empfehlen sich zur Vermeidung von Unsicherheiten eindeutige Regelungen im Gesellschaftsvertrag.
Sachlich ausschließlich zuständig für Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage ist jeweils unabhängig vom Streitwert ausschließlich das Landgericht, in dessen Bezirk die Gesellschaft ihren Sitz hat gem. § 246 Abs. 2 S. 1 AktG. In der Praxis wird aus Gründen der Vereinfachung in der Klageerhebung nicht zwischen Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage unterschieden, sondern beide einheitlich erhoben, da somit alle potenziell einschlägigen Beschlussmängel erfasst werden.
Für die (positive und negative) Beschlussfeststellungsklage besteht keine ausschließliche Zuständigkeit, womit die allgemeinen Regeln Anwendung finden. In Abhängigkeit vom Streitwert dürfte regelmäßig das Landgericht sachlich zuständig sein.
Anfechtungs- wie auch Nichtigkeitsgründe können jeweils auch im Rahmen einer vorläufigen Entscheidung im Wege der einstweiligen Verfügung gem. §§ 935 ff. ZPO geltend gemacht werden. Hierbei muss neben dem Verfügungsanspruch auch eine besondere Eilbedürftigkeit vorliegen, die es dem Verfügungskläger unmöglich macht bis zum Ausgang eines ordentlichen Verfahrens zuzuwarten. Grundsätzlich erlassen Gerichte hierbei nur sog. Sicherungsverfügungen, durch die ein Zustand bis zur gerichtlichen Klärung eingefroren werden soll. Regelungsverfügungen, bei denen über einen Sachverhalt bereits endgültig entschieden wird sowie Eingriffe in das Stimmverhalten der Gesellschafter werden dabei nur in Ausnahmefällen durch die Gerichte ausgesprochen.
Fremd-Geschäftsführer einer GmbH, also solche, die nicht gleichzeitig auch Gesellschafter sind, steht keine Befugnis zur Erhebung der Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage zu. Wollen sie sich gegen ihre Kündigung wehren steht ihnen nach der Rechtsprechung des BGH allerdings die Möglichkeit zu, den zugrundeliegenden Gesellschafterbeschluss mit der Allgemeinen Feststellungsklage gem. § 256 ZPO anzugreifen. Erfolg hat die Klage aber nur, wenn das Gericht die Nichtigkeit des Gesellschafterbeschlusses feststellt und nicht die bloße Anfechtbarkeit (BGH, Urteil v. 11.02.2008 - II ZR 187/06).
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