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Geheimhaltungsvereinbarung (NDA)


Unter einer Geheimhaltungsvereinbarung bzw. NDA (engl. für "non disclosure agreement") wird ein regelmäßig in Schriftform abgefasster Vertrag verstanden, mit dem zwei oder mehr Parteien das dauerhafte oder vorübergehende Stillschweigen über bestimmte Informationen wie z.B. den Inhalt von Verhandlungen oder das Vorhandensein von Verhandlungen selbst vereinbaren und sanktionieren. Geheimhaltungsvereinbarungen finden regelmäßig bei der Anbahnung von Unternehmenskäufen (M&A), Gesellschaftsgründungen oder Joint Ventures Anwendung und dienen nicht selten dem Schutz von noch nicht oder nicht sicherbaren gewerblichen Schutzrechten wie Ideen oder Konzepten sowie der Vermeidung der Offenlegung des Verstoßes gegen Wettbewerbsverbote. Ebenso können sie nachvertraglich auf das Ausscheiden eines Gesellschafters zur Vermeidung von Gesellschafterstreitigkeiten vereinbart werden.

Abschluss und Inhalt der Geheimhaltungsvereinbarung unterliegen der privatautonomen Gestaltung der Parteien und werden nur durch die allgemeinen gesetzlichen Regelungen beschränkt.

 

Regelungsinhalt:

  • Art und Umfang der Schweigepflicht

  • Sanktion/Vertragsstrafe: Die Vertragsstrafe dient der einfachen und übersichtlichen Sanktionierung von Verstößen gegen die Schweigepflicht.


Gleichwohl der Verstoß gegen die Schweigepflicht auch ohne Vertragsstrafenregelung eine vertragliche Pflichtverletzung darstellt, aus der Schadensersatzansprüche abgeleitet werden können, werden diese Ansprüche nicht selten an der Beweisbarkeit eines kausal entstandenen Schadens scheitern. Bei einer Verschwiegenheitsvereinbarung muss hingegen lediglich der Bruch der Verschwiegenheit selbst bewiesen werden, was eine erhebliche Beweiserleichterung darstellen kann.

 


Allgemeine Grenzen der Regelung

Die Grenzen der von der Privatautonomie geschützten Inhaltsfreiheit der Verschwiegenheitsvereinbarung werden durch die allgemeinen Gesetze wie das Verbot sittenwidriger Vereinbarungen nach § 138 BGB sowie den Grundsätzen von Treu und Glauben nach § 242 BGB gezogen. Daneben finden die Normen der §§ 305 ff. BGB Anwendung, wenn die Vereinbarung die Voraussetzungen für Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) erfüllen.

Diese Verbote können sich z.B. realisieren, wenn die Sicherung der schutzwürdigen Interessen der einen Partei die andere Partei in ihren Rechten und Freiheiten unzumutbar einschränkt. Dies kann durch überlange oder übergreifende Formulierungen geschehen, die den zu schützenden Bereich unzumutbar ausdehnen oder auch sachfremde Bereiche mit einbeziehen.

Welche Informationen für eine Geheimhaltung relevant werden können, hängt in erster Linie von der Art des geplanten Vertrages ab.

Von Bedeutung sind neben noch nicht eingetragenen gewerblichen Schutzrechten und nicht sicherbaren Ideen und Konzepten vor allem Unternehmensdaten, die nicht bereits veröffentlicht sind oder in Kürze werden. Im Rahmen von Unternehmenskäufen (M&A Transaktionen) bekommen Käufer und Verkäufer regelmäßig umfangreiche Einblicke in die wirtschaftliche Situation des potenziellen Vertragspartners, die als schützenswert eingestuft werden können.

Relevant ist auch die lückenlose Weitergabe der Verschwiegenheitsvereinbarung an Dritte, die zwangsläufig ebenfalls zu Geheimnisträgern werden, wie insbesondere Mitarbeiter oder Subunternehmer.

Einer Geheimhaltungsvereinbarung nicht unterworfen werden sollten Informationen, deren Weitergabe auf gesetzlichen Verpflichtungen beruht wie in steuer- oder datenschutzrechtlichen Angelegenheiten, da die Vereinbarung selbst gegen Treu und Glauben verstoßen kann und damit unwirksam wäre.

 


Abgrenzung zu sicherbaren Schutzrechten

Während sich Erfindungen über Patente und Gebrauchsmuster schützen lassen, personenbezogene Daten vom Regelungsbereich der DSGVO umfasst sind und geistige Werke vom Urheberrecht geschützt werden, lassen sich bloße (Geschäfts-)Ideen nicht ohne Weiteres vor Dritten schützen.

Gerade im Bereich neuer Geschäftskonzepte, die noch nicht über das Mindestmaß für die Sicherung über die eingetragenen Schutzrechte verfügen, kann eine Verschwiegenheitserklärung mit Geschäftspartnern, Zulieferern, (freien) Mitarbeitern und Kunden eine gangbare Abhilfe darstellen. Hierbei entscheiden auch gerade die gewählten Sanktionen über die Wirkungskraft der getroffenen Vereinbarung. Infrage kommen bei Vertragsverletzung neben konkreten Schadensersatzansprüchen auch pauschalisierte Vertragsstrafen, Unterlassungs- und Herausgabeansprüche sowie Informations- und Auskunftsansprüche.



Abgrenzung zum Geschäftsgeheimnis-Gesetz

Mit Inkrafttreten des Gesetzes zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen (GeschGehG) mit Wirkung zum 26.4.2019 wurde der gesetzliche Grundschutz von Geschäftsgeheimnissen gestärkt.

Gleichwohl verlieren Verschwiegenheitserklärungen daneben nicht ihre eigenständige Bedeutung, selbst wenn sie in den Anwendungsbereich der neuen Regelung fallen. So erfüllt eine explizite schriftliche Regelung darüber hinaus stets auch eine Warn- und Hinweisfunktion, die bereits für sich sensibilisierend und abschreckend wirken kann.

Noch größere Bedeutung können Verschwiegenheitserklärungen erlangen, insoweit eine Information durch die vertragliche Vereinbarung überhaupt erst in den Schutzbereich des § 2 GeschGehG einbezogen wird. So wird eine Information nach § 2 Nr. 1 lit. b GeschGehG erst dann zum Geschäftsgeheimnis, wenn ihr Inhaber den Umständen nach angemessene Geheimhaltungsmaßnahmen getroffen hat. Zu diesen zählen auch Verschwiegenheitserklärungen, die vor dem Hintergrund der Beweislastverteilung zulasten des Geheimnisinhabers auch schriftlich fixiert werden sollten.

 


Vereinbarung mit Augenmaß

Um eine Unwirksamkeit der Verschwiegenheitsvereinbarung zu vermeiden, sollten Reichweite und Sanktionen mit Augenmaß bestimmt werden. Unwirksame Sanktionen können bei entsprechender Auslegung zur Unwirksamkeit der gesamten Regelung führen. Dies kann durch entsprechende Regelungen verhindert werden, wobei auch zu beachten ist, ob es sich bei der Vereinbarung um Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) im Sinne der §§ 305 ff. BGB handelt.

 


Geheimhaltung als Berufspflicht

Für bestimmte Berufsgruppen, die regelmäßig mit vertraulichen Informationen in Kontakt kommen gelten darüber hinaus eigene berufsspezifische Regelungen. So unterliegen z.B. Rechtsanwälte mit Begründung des Mandatsverhältnisses selbst einer gesetzlichen Schweigepflicht nach § 43a Abs. 2 BRAO, § 2 BORA, von der grundsätzlich sämtliche Umstände erfasst sind, die ihm im Rahmen der Ausübung seines Berufs bekannt geworden sind. Davon eingeschlossen sind auch Zeugnisverweigerungsrechte nach den §§ 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO, § 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB, §§ 53 Abs. 1 Nr. 3 StPO, §97 StPO.



Fazit

Geheimhaltungsvereinbarungen haben auch nach Inkrafttreten des Gesetzes zum Schutze von Geschäftsgeheimnissen nichts an Relevanz eingebüßt. Sie können sogar als Voraussetzung für die Anwendbarkeit des Gesetzes dienen. Unberührt davon bleibt ihre unbestreitbare Hinweis- und Warnfunktion für die unterzeichnenden Parteien, sich der Gefahren und Verantwortung ihrer Stellung bewusst zu werden. Um bei der Ausarbeitung nicht über das Ziel hinauszuschießen und eine Unwirksamkeit der Regelung zu riskieren sollten die Reichweite der Verschwiegenheitspflicht sowie die Höhe von Vertragsstrafen sowie der Umfang von Sanktionen individuell geprüft werden.




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