Das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (kurz: MoPeG) ist am 1. Januar 2024 in Kraft getreten. Hierbei stellen sich für Gesellschafter einer bestehenden oder erst noch zu gründenden GbR eine Reihe von neuen Fragen. Im Folgenden geben wir einen Überblick die relevantesten Änderungen. Dabei liegt ein besonderer Fokus auf dem Kernstück des MoPeG, der Reform des GbR-Rechts, aus der Sicht des GbR Gesellschafters.
Der Gesetzgeber hat fünf Ziele genannt, welche er mit dem MoPeG verfolgt. Der Fokus des Gesetzes liegt dabei auf der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) als Grundform aller Personengesellschaften.
Die Rechtsprechung und die Kautelarpraxis der letzten Jahre haben sich von den ursprünglichen Regelungen des Gesetzgebers weit entfernt. Spätestens nach dem Urteil des BGH vom 29.01.2001, Az. II ZR 331/00 (Entscheidung: „ARGE Weißes Ross“), war die geltende Rechtsprechung nicht mehr mit dem Wortlaut des Gesetzes in Einklang zu bringen.
Die Vorschriften der §§ 705 ff. BGB a.F. waren auf Gelegenheitsgesellschaften zugeschnitten. Nach den Regeln des Gesetzgebers war die GbR ein nicht auf den langfristigen Bestand angelegtes Konstrukt, bei welchem eine ausgeprägte Organisationsstruktur nicht erforderlich war. In der Praxis wurde die GbR jedoch zunehmend auch für Dauergesellschaften eingesetzt. Mit dem MoPeG sollen die Regelungen über die GbR daher an die Anforderungen des modernen Wirtschaftslebens angepasst werden.
3. Behebung des Publizitätsdefizits der Gesellschaft bürgerlichen Rechts
Zwar wurde die Rechtsfähigkeit der GbR höchstrichterlich durch die obengenannte Entscheidung anerkannt, jedoch bestand bislang kein eigenes öffentliches Register. Ob eine Gesellschaft existiert oder wie diese vertreten wird, konnte nicht rechtssicher festgestellt werden.
Nach den §§ 105 Abs. 1, 161 Abs. 1 HGB a.F. stehen die Rechtsformen der offenen Handelsgesellschaft (oHG) und der Kommanditgesellschaft (KG) grundsätzlich nur Gesellschaften offen, welche unter gemeinschaftlicher Firma ein Handelsgewerbe betreiben. Unter die Ausnahmen der §§ 105 Abs. 2, 161 Abs. 2 HGB a.F. fielen jedoch nicht die Freiberufler (z.B. Ärzte, Anwälte, Journalisten, Künstler u.a.), die jedoch auch die Partnerschaftsgesellschaft wählen können.
Für die Personengesellschaften existierten bislang keine gesetzlichen Regelungen über Beschlussmängelstreitigkeiten, zu denen es häufig im Rahmen von Gesellschafterstreitigkeiten kommt. Der Gesetzgeber erachtete die bis zum 31.12.2023 geltenden Vorschriften als nicht praxistauglich und befürchtete Rechtsunsicherheit in diesem Aspekt, wegen der mangelnden Befristung der Klage über die Wirksamkeit des Beschlusses.
Der Gesetzgeber hat mit dem MoPeG eine grundlegende Reform des zweiten Buches, Abschnitt 8 Titel 16 des BGB und somit der §§ 705 – 740c BGB vorgenommen. Im Wesentlichen hat sich der Gesetzgeber dabei auf die Anerkennung der Rechtsfähigkeit der GbR (1.), dem Leitbildwandel im Recht der GbR (2.), der Registrierung der GbR (3.), Öffnung der Personenhandelsgesellschaften für Angehörige freier Berufe (4.) und der Regelung des Beschlussmängelrechts der Personengesellschaften (5.) konzentriert. Dies spiegelt die Zielsetzung des Gesetzgebers wider.
Der Gesetzgeber unterteilt die Rechtsnatur der Gesellschaft in § 705 BGB in zwei Kategorien. Zum einen gibt es die rechtsfähige Gesellschaft (früher: die Außengesellschaft), gemäß § 705 Abs. 2 Var. 1 BGB, welche selbst Rechte erwerben und Verpflichtungen eingehen kann, wenn sie nach dem gemeinschaftlichen Willen der Gesellschafter am Rechtsverkehr teilnehmen soll. Zum anderen gibt es die nicht rechtsfähige Gesellschaft (früher: Die Innengesellschaft), gemäß § 705 Abs. 2 Var. 2 BGB, welche den Gesellschaftern zur Ausgestaltung ihres Rechtsverhältnisses untereinander dienen soll.
Für beide Formen ist jedoch gemäß § 705 Abs. 1 BGB der Zusammenschluss von mindestens zwei Gesellschaftern durch einen (auch nur konkludenten) Gesellschaftsvertrag zur Verfolgung eines gemeinsamen Zwecks erforderlich.
Durch Änderung der §§ 705 ff. BGB und die damit verbundene Anerkennung der Rechtsfähigkeit der GbR hat das bisherige Leitbild einer Gelegenheitsgesellschaft ausgedient und wurde umgestellt auf das Leitbild einer auf gewisse Dauer angelegten Personengesellschaft. Diese wurde mit eigenen Rechten und Pflichten ausgestattet.
Die §§ 707 ff. BGB erlauben, die Gesellschaft in das Gesellschaftsregister einzutragen. Diese Eintragung ist jedoch gemäß § 707 Abs. 1 BGB optional und keine Voraussetzung zur Erlangung der Rechtsfähigkeit. Durch die optionale Eintragung der Gesellschaft im Gesellschaftsregister sollen positive Anreize, wie zum Beispiel das Sitzwahlrecht aus § 706 S. 2 BGB sowie die Erschließung eines größeren Kreises an möglichen Geschäftspartnern oder eine Verbesserung der Kreditwürdigkeit, gesetzt werden. Jedoch wird von dieser Freiwilligkeit in gewissen Sonderfällen abgewichen und es entsteht ein faktischer Eintragungszwang, wenn die GbR selbst in ein anderes öffentliches Register (z.B. dem Grundbuch) eingetragen werden will.
Die Öffnung der Personenhandelsgesellschaften (oHG und KG) für Angehörige freier Berufe steht vorliegend jedoch unter dem Vorbehalt der allgemeinen berufsrechtlichen Regelungen. Neben der GbR steht Freiberuflern darüber hinaus weiterhin die Partnerschaftsgesellschaft als Rechtsform zur Verfügung.
Der Gesetzgeber orientiert sich bei dem Gesetzesentwurf weitestgehend an den aktienrechtlichen Anfechtungsmöglichkeiten für Gesellschafterbeschlüsse nach den §§ 246 ff. AktG, die auch bereits für die GmbH entsprechend angewendet werden. Insofern ist auch anzunehmen, dass der Gesetzgeber von der Anwendung der bisherigen Rechtsprechung zu den Kapitalgesellschaften ausgeht.
Die Einführung des Gesellschaftsregisters für die GbR hat einige wichtige Änderungen mit sich gebracht.
Früher war die GbR eine nicht registrierungsfähige Gesellschaftsform, dies hatte zur Folge, dass die Gesellschafter und meist auch die Gesellschaft selbst anonym blieben. Mit der Eintragung in das Gesellschaftsregister wird zum einen die Existenz der GbR bekanntgegeben und zum anderen die zur Anmeldung gemäß § 707 Abs. 2 BGB erforderlichen Informationen über die Gesellschaft (gemäß § 707 Abs. 2 Nr. 1 BGB: Namen, Sitz und Anschrift innerhalb eines Mitgliedsstaates der EU) und deren Gesellschafter (gemäß § 707 Abs. 2 Nr. 2 BGB: Bei natürlichen Personen dessen Name und Vornamen, Geburtsdatum und Wohnort; bei einer juristischen Person oder rechtsfähigen Personengesellschaft deren Firma oder Namen, Sitz und soweit vorgesehen, das zuständige Register und Registernummer) bekanntgegeben. Das Register wird vom örtlich zuständigen Amtsgericht geführt und ist von jeder Person online einsehbar.
Das Gesellschaftsregister wurde nach Vorbild des Handelsregisters geschaffen. Für das Gesellschaftsregister gilt der in § 15 HGB statuierte öffentliche Glaube an die Richtigkeit des Registers entsprechend. Die Aufgabe des Gesellschaftsregisters ist dabei, zuverlässig, vollständig und lückenlos Auskunft über Tatsachen und Rechtsverhältnisse betreffend einer GbR zu geben, soweit diese für den Rechtsverkehr von besonderer Bedeutung ist. Mit der Eintragung in das Gesellschaftsregister ist die GbR verpflichtet, den kennzeichnenden Namenszusatz eingetragene GbR (eGbR) zu führen.
c) Optionale Eintragung oder faktischer Eintragungszwang?
Grundsätzlich ist die Eintragung in das Gesellschaftsregister für die GbR freiwillig. Von der grundsätzlich freiwilligen Eintragung der Gesellschaft in das Gesellschaftsregister gibt es jedoch aufgrund der Voreintragungsobliegenheiten Ausnahmen. In Fällen, in welchen die GbR Rechte erwerben möchte, welche in einem anderen Register eingetragen sind (z.B. dem Grundbuch, die Gesellschafterliste einer GmbH bzw. dem Aktienregister einer AG) oder über diese verfügen möchte, besteht ein faktischer Eintragungszwang, da nur die eingetragene GbR (eGbR) diese Geschäfte vornehmen kann. Darüber hinaus ist eine Eintragung im Gesellschaftsregister notwendig, wenn eine GbR an einer Umwandlung bzw. einem Statuswechsel, beteiligt werden soll, gemäß § 707c BGB, §§ 106, 107 HGB, § 3 Abs. 1 Nr. 1 UmwG, § 191 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1 UmwG.
Eine bereits im Grundbuch eingetragene GbR ist nicht zur Eintragung in das Gesellschaftsregister sowie der anschließenden Korrektur des Grundbuches verpflichtet. Dem Grundbuchamt steht es jedoch frei, auf das ihm zur Verfügung stehende Mittel des Berichtigungszwanges gemäß § 82 GBO, Art. 229 § 21 Abs. 2 S. 2 EGBGB zurückzugreifen. Eine Amtsberichtigung oder gar eine Nachschau im Grundbuch nach noch nicht im Gesellschaftsregister eingetragenen Gesellschaften wird jedoch nicht vorgenommen.
Durch die Änderung der GbR dahingehend, dass diese nicht mehr lediglich eine multilaterale schuldrechtrechtliche Beziehung ist, sondern selbst Träger von Rechten und Pflichten, haben sich hinsichtlich des Vermögens der Gesellschaft und der Haftung der Gesellschafter einige Änderungen ergeben.
Die GbR ist nun selbst Rechtssubjekt und kann daher auch ein eigenes Vermögen haben, dies ergibt sich unter anderem aus § 713 BGB. Insofern wird das bisherige Gesamthandsprinzip aufgegeben.
Die unmittelbare persönliche Haftung der Gesellschafter ist nun in den § 721 BGB bis § 721b BGB geregelt. Die Haftung der Gesellschafter ist dabei akzessorisch zu dem Bestehen der Forderung gegenüber der Gesellschaft. Die Haftung des Gesellschafters der GbR ist grundsätzlich unmittelbar, primär, inhaltsakzessorisch, gesamtschuldnerisch und unbeschränkt. Eine abweichende Abrede hinsichtlich der Haftung gegenüber Dritten ist somit unwirksam.
3. Beschlussfassung
Gemäß § 714 BGB bedürfen Gesellschafterbeschlüsse der Zustimmung aller Gesellschafter. Ist eine solche Einstimmigkeit bei der Beschlussfassung nicht gewünscht, so ist es möglich von dieser Regelung abzuweichen und die Beschlussfassung im Gesellschaftervertrag durch eine näher zu bestimmende Mehrheit zu regeln.
Darüber hinaus gibt es hinsichtlich des Verfahrens für einen Beschluss keine gesetzlichen Regelungen für die GbR. Es empfiehlt sich daher, hinsichtlich der wesentlichen Punkte (z.B. Frist und Form der Ladung zur Gesellschafterversammlung, Beschlussfähigkeit und Protokollierung) eigene Regelungen in den Gesellschaftsvertrag aufzunehmen.
Das MoPeG sieht für die GbR zunächst keine gesonderten Vorschriften in Bezug auf die Anfechtung von Beschlüssen vor. Jedoch hat der Gesetzgeber der GbR ermöglicht, mittels des Gesellschaftsvertrages die Geltung, der durch das MoPeG neu geschaffenen Regelungen für die Personenhandelsgesellschaften in den §§ 110 ff. HGB, zu vereinbaren (sog. Opt-In). Insbesondere hinsichtlich der Möglichkeit der zeitlichen Beschränkung der Anfechtbarkeit von Gesellschafterbeschlüssen erscheint diese Opt-In Option sinnvoll für die GbR.
Entgegen der bisherigen Regelungen führt der Tod eines Gesellschafters oder die Kündigung nicht mehr zur Auflösung der Gesellschaft. Mit Inkrafttreten der Regelungen aus dem MoPeG regelt § 712 Abs. 1 BGB, dass, wenn ein Gesellschafter ausscheidet, sein Anteil an der Gesellschaft den übrigen Gesellschaftern im Zweifel im Verhältnis ihrer Anteile zuwächst. Die gesetzlichen Ausscheidungsgründe des § 723 Abs. 1 BGB können nicht im Gesellschaftsvertrag abbedungen, jedoch gemäß § 723 Abs. 2 BGB erweitert werden.
Sofern im Gesellschaftsvertrag nichts anderes vereinbart ist, ist die Gesellschaft gemäß § 728 Abs. 1 S. 1 und 2 BGB verpflichtet, den ausgeschiedenen Gesellschafter von der Haftung für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft zu befreien und ihm eine dem Wert seines Anteils angemessene Abfindung zu zahlen. Für die Berechnung des Wertes des Anteils gibt der Gesetzgeber der GbR keine Berechnungsmethode vor, abzustellen ist jedoch – wie zuvor – auf eine Schätzung, die sich am Verkehrswert orientiert
Die Gesellschaft wird gemäß § 729 BGB zwingend aufgelöst, wenn zum Beispiel der Zweck der Gesellschaft erreicht wurde, nicht mehr erreicht werden kann (§ 729 Abs. 2 BGB) oder über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet wurde (§ 729 Abs.1 Nr. 2 BGB). Von diesen Auflösungsgründen kann nicht durch den Gesellschaftsvertrag abgewichen werden, jedoch können weitere hinzugefügt werden.
Das MoPeG hat zahlreiche, teilweise dringend erforderliche, Änderungen mit sich gebracht. Insbesondere für die GbR hat das MoPeG viele Anreize zur Eintragung der Gesellschaft in das Gesellschaftsregister geschaffen.
Sollten Sie bereits Gesellschafter einer GbR sein, so kann es sinnvoll erscheinen, einige der möglichen Änderungen (z.B. die Opt-In Option im Beschlussmängelrecht) in den bestehenden Gesellschaftsvertrag aufzunehmen oder eine Eintragung im Gesellschaftsregister vornehmen zu lassen.
Hinsichtlich Ihrer Fragen zur Gründung einer neuen Gesellschaft oder zur Optimierung einer bestehenden Gesellschaft berate ich Sie gerne.
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